Vorwort Unternehmen gleichen in ihrer Dynamik oft Lebewesen mit deren typischen Lebensphasen. Häufig folgt auf Wachstum Stagnation und ein scheinbar unausweichlicher Niedergang. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass es auch für Institutionen ein natürliches Ende, sozusagen einen Unternehmenstod, geben muss. Dagegen sprechen jedoch die Beispiele, in denen ein Weiterbestehen durch Wandlung oder Neuorientierung gelang, und sei es auch unter einem anderen Namen. So wandelte sich mit Mannesmann ein Stahlerzeuger zum Telekommunikationsunternehmen, oder ein Fotogroßlabor CeWe-Color machte den Rückgang an Analog-Abzügen durch ein Angebot digital gestalteter Fotobücher mehr als wett.Für eine Neuausrichtung des Unternehmens ist nun aber entscheidend, sich von bisher erfolgreichen Selbstverständnissen rechtzeitig zu lösen. Voraussetzung dafür bleibt der wache Blick nach außen, die Ausschau nach neu entstehenden Risiken und auch Chancen. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Wer Unternehmen kennt, weiß, wie aufreibend allein die Tagesanforderungen und das Bewältigen der vielen kleinen und größeren Alltagsprobleme ist. Da scheint es kaum verwunderlich, wenn sich Unternehmensleitungen gegen vermeintliche Nörgler und Besserwisser verschließen und sich darauf konzentrieren, mit der erfolgreichen Strategie Kurs zu halten. Strategieaktualisierungen, die ja immer auch ein schmerzhaftes Infragestellen einschließen, werden da gerne aufgeschoben. Für den grundsätzlich bejahten Zukunftsworkshop bleibt in der Regel keine Zeit.Es ist nicht allein der Druck von Anforderungen im Alltag, der zu einer Blindheit für auftretende Gefahren führt. Unternehmen werden von Menschen gesteuert. Daher ist es unbedingt angebracht, die menschlichen Schwächen in Hinblick auf mögliche Risiken zu betrachten (siehe Kap. 5.1.). Unternehmen scheitern nicht, weil sie sich überlebt haben. Unternehmen scheitern mit Führungskräften, die die Realität nicht mehr objektiv wahrnehmen und die Weichen nicht rechtzeitig umstellen. Natürlich ist es möglich, einzelnen Vorkommnissen zu lange wenig Beachtung zu schenken oder wichtige Entwicklung zunächst zu übersehen. Bedenklich wird es, wenn Warnungen nicht ernst genommen werden, wenn Kritiker mit Herabsetzung behandelt werden und wenn nur noch der eigenen Sichtweise gefolgt wird. Das Versteifen auf einseitige Sichtweisen und Beurteilungen sind die wichtigsten Merkmale einer Rigidität im Denken und Wahrnehmen. Genau um diese Gefahren der Rigidität und um passende Behandlungsmöglichkeiten wird es in diesem Buch gehen. Die Rigidität, mit der die eigenen Haltungen und Sichtweisen gegen Infragestellungen verteidigt werden, ist nicht eine plötzlich hereinbrechende Geistesverbohrtheit. Wie sich zeigen wird, ist sie gewöhnlich der Endpunkt einer schleichenden und damit meist unmerklichen Entwicklung. Es wird sich zeigen, dass es und warum es so leicht zu Selbsttäuschungen selbst in der vermeintlich so sachlichen Unternehmenswelt kommen kann. Dafür ist der Ausgangspunkt die in uns allen bestehende Anfälligkeit für ein Bevorzugen von Sicherheit und Konstanz. Es braucht nicht viel, um Experimentierfreude und die Lust auf das Entdecken zunichte zu machen. Man muss nur Ängste schüren, die sind immer mächtiger. Daher richtet sich dieses Buch auf diesen entscheidenden Punkt aus: Es wird die Gefahren der Wahrnehmungsverzerrung aufzeigen, die überall dort bestehen, wo sich Menschen auch emotional mit ihren Zielen verbinden, die im Unternehmen durch einengende Führungsformen, aber auch durch den Konformitätsdruck der Gruppe, leicht in einseitige Parteilichkeit münden. Aber Warnungen sind nicht genug. Das Buch wird vor allem Mittel bereitstellen, mit denen Führungskräfte und Unternehmensleitungen Selbsttäuschungen möglichst verhindern. Das sind Methoden der Wissenssammlung und der Veränderung der Blickwinkel, die im Führungsalltag ohne besonderen Aufwand allein oder im Team genutzt werden können. Erkenntnismethoden vermeiden das Konf